§ 38 - Sondervorschriften für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke. Rechte am Filmwerk
(1) Wer sich zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmes verpflichtet, räumt damit für den Fall, dass er ein Urheberrecht am Filmwerk erwirbt, dem Filmhersteller im Zweifel das ausschließliche Recht ein, das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen oder Umgestaltungen des Filmwerkes auf alle Nutzungsarten zu nutzen. Hat der Urheber des Filmwerkes dieses Nutzungsrecht im Voraus einem Dritten eingeräumt, so behält er gleichwohl stets die Befugnis, dieses Recht beschränkt oder unbeschränkt dem Filmhersteller einzuräumen. Das Urheberrecht an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken, wie Roman, Drehbuch und Filmmusik, bleibt unberührt. Dieser Absatz gilt für die Rechte zur filmischen Verwertung der bei der Herstellung eines Filmwerkes entstehenden Lichtbildwerke entsprechend. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche des Filmurhebers stehen dem Filmhersteller und dem Filmurheber je zur Hälfte zu, soweit sie nicht unverzichtbar sind.
(1a) Gestattet der nach Abs. 1 berechtigte Filmhersteller oder ein Werknutzungsberechtigter gegen Entgelt anderen die Benutzung eines Filmwerks zur gleichzeitigen, vollständigen und unveränderten Weitersendung mit Hilfe von Leitungen, so hat der Urheber Anspruch auf einen Anteil an diesem Entgelt; dieser Anteil beträgt ein Drittel, soweit der Filmhersteller mit dem Urheber nichts anderes vereinbart hat. Gestattet der Filmhersteller oder Werknutzungsberechtigte die Benutzung auch als Inhaber anderer Ausschließungsrechte und wird hiefür ein pauschales Entgelt vereinbart, so steht dem Urheber der Anspruch nach dieser Bestimmung nur an dem Teil des Entgelts zu, der auf die Abgeltung des Werknutzungsrechts am Filmwerk entfällt. Der Urheber kann den Anspruch nach dieser Bestimmung unmittelbar gegenüber demjenigen geltend machen, der zur Zahlung des Entgelts verpflichtet ist, wenn er diesem gegenüber nachweist, dass der Anspruch vom Filmhersteller beziehungsweise Werknutzungsberechtigten anerkannt oder gegen diesen gerichtlich festgestellt ist. Der Anspruch des Urhebers nach dieser Bestimmung kann nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.
(2) Änderungen des Filmwerkes, seines Titels und der Bezeichnung des Filmherstellers dürfen, unbeschadet der Vorschrift des § 39, Absatz 3, ohne Einwilligung des Filmherstellers nur vorgenommen werden, soweit sie nach der auf den Filmhersteller entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 21, Absatz 1, zulässig sind.
(3) Bis zum Beweis des Gegenteils gilt als Filmhersteller, wer als solcher auf den Vervielfältigungsstücken eines Filmwerkes in der üblichen Weise durch Angabe seines wahren Namens, seiner Firma oder eines von ihm bekanntermaßen gebrauchten Decknamens oder Unternehmenskennzeichens bezeichnet wird. Dasselbe gilt von dem, der bei einer öffentlichen Aufführung oder bei einer Rundfunksendung des Filmwerkes auf die angegebene Art als Filmhersteller bezeichnet wird, sofern nicht die im vorigen Satz aufgestellte Vermutung dafür spricht, daß Filmhersteller ein anderer ist.Erläuterung anzeigen »
In dieser Bestimmung werden besondere Regelungen getroffen, wem die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken zusteen. Damit wird der Doppelnatur derartiger Filmwerke Rechnung getragen: sie sind Kunstwerk und Industrieprodukt.
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Die sogenannte cessio legis-Regel: Ursprünglich war in § 38 geregelt, dass die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken dem Filmhersteller zustehen. Diese Regelung beschränkte die Vertragsfreiheit, da dadurch anderwertige vertragliche Vereinbarungen betreffend der Verwertungsrechte nicht möglich waren. In der Rechtsache Lukan/Van der Let ( EuGH C-277/10) sprach der EuGH aus, dass jedenfalls für den Hauptregisseur die originäre Zuweisung der Verwertungsrechte an den Filmhersteller unzulässig sei. Darüber hinaus müssen nach der Entscheidung die gesetzlichen Vergütungsansprüche den Urhebern und ausübenden Künstlern originär und unverzichtbar zustehen.
Durch die UrhG-Nov 2015 wurde die cessio legis-Regelung dem EuGH-Urteil entsprechend angepasst, wonach nunmehr eine widerlegliche Vermutung zugunsten des Filmherstellers besteht.
Dieselbe Wertung wäre auch bei § 69 S 1 angebracht. Nach ErwG 19 Vermiet- und Verleih-RL können die MS zwar eine dem Art 2 Abs 5 entsprechende Vermutungsregelung vorsehen, jedoch nicht eine originäre Rechtseinräumung an den Produzenten. Der Gesetzestext müsste lauten: „Die Verwertungsrechte ausübender Künstler, die an den zum Zweck der Herstellung eines gewerbsmäßig hergestellten Filmwerkes oder anderen kinematographischen Erzeugnisses vorgenommenen Darbietungen in Kenntnis dieses Zwecks mitgewirkt haben, stehen dem Inhaber des Unternehmens (Filmhersteller oder Hersteller) im Zweifel zu.“
Fraglich scheint jedoch, ob eine Vermutungsregelung überhaupt sachgerecht ist, da in Zweifelsfällen die Rechte dem Filmhersteller eingeräumt werden und dadurch der Urheber schlechter gestellt wird. Jedenfalls ist der Anwendungsbereich der Vermutungsregel auf alle Nutzungsarten zu weit, weil der Filmhersteller allenfalls nur in Hinblick auf die Primärnutzung einer Absicherung bedarf. Auch im deutschen Recht wird dies dahingehend verstanden. Betreffend den Hauptregisseur als Haupturheber scheint es sachgerecht, die Vermutungsregelung nicht auf diesen zu erstrecken, da es hier zumutbar ist, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen.
Dass auch Übersetzungen und Bearbeitungen oder Umgestaltungen umfasst sind, steht im Widerspruch zu § 39 Abs 4 und stellt eine Schlechterstellung der Filmurheber dar. Diese Formulierung ist wohl auf die (unreflektierte) Übernahme der deutschen Regelung zurückzuführen.
Die Hälfteregelung (Ausnahme: Leerkassettenvergütung) sollte abgeschafft werden, weil dadurch eine Diskriminierung der Filmschaffenden einhergeht.
§ 38 Abs 1 S 2 kann eine Schwächung der Verwertungsgesellschaften bewirken, da die Unwirksamkeit von Vorabtretungen den Filmurhebern die Möglichkeit verwehrt, ihre Rechte in Teilbereichen kollektiv wahrnehmen zu lassen. Darüber hinaus stellt dies einen wohl nicht gerechtfertigten Eingriff in die Vertragsfreiheit dar.
ad (1) Im Zusammenhang mit § 42d UrhG hinsichtlich der Zurverfügungstellung eines Werkes für Menschen mit Behinderung in einer für sie geeigneten Form, sollte hier, bei den Rechten am Filmwerk zusätzlich miteinbezogen werden, dass die Bearbeitungen und Umgestaltungen auch barrierefreie Fassungen für hör- und sehbehinderte Personen mitumfassen.
Zuerst sollte bemerkt werden, dass die Bestimmung bereits im ersten Satz Mitwirkende eines Filmes verpflichtet, jegliche entstandenen Rechte aus dem UrhG an den Filmhersteller abzugeben. Der Filmhersteller erhält somit ein ausschließliches Nutzungsrecht für ein Werk des Mitwirkenden, muss aber scheinbar keine Gegenleistung bzw. Vergütung dafür erbringen. Hier sollten sehr wohl auch die einzelnen mitwirkenden Personen (welche ja meist weniger juristisches Wissen, als beispielsweise in großes Filmstudio haben) bedacht werden. Es wäre also wünschenswert wenn auch der Terminus „… gegen angemessenes Entgelt“ seinen Weg in die Bestimmung des § 38 Abs 1 UrhG finden. Weiters erscheint die Wortfolge „Hat der Urheber des Filmwerkes dieses Nutzungsrecht im Voraus einem Dritten eingeräumt, so behält er gleichwohl stets die Befugnis, dieses Recht beschränkt oder unbeschränkt dem Filmhersteller einzuräumen." eher fragwürdig. Man gelangt hier zum Eindruck, dass Rechte mehrmals weitergegeben werden können. Gleichzeitig ist es jedoch scheinbar nicht möglich die Rechte zu behalten.
Es darf angenommen werden, dass über den gesetzlichen Rahmen des gegenständlichen Gesetzes hinaus die UrheberInnen wie AutorInnen von Drehbüchern ihre Rechte und Verpflichtungen gegenüber den anderen Beteiligten an Filmwerken in gesonderten privatrechtlichen Verträgen definieren und absichern.