§ 56e - Verwaiste Werke

(1) Öffentlich zugängliche Einrichtungen, die Werkstücke sammeln, dürfen von Werken, für die keine zur Gestattung der Vervielfältigung und der Zurverfügungstellung berechtigte Person bekannt ist (verwaiste Werke), Vervielfältigungstücke von eigenen Werkstücken herstellen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen,
1.wenn dies der Erfüllung ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben dient, insbesondere der Bewahrung, der Restaurierung sowie der Bereitstellung des kulturellen und bildungspolitischen Zwecken dienenden Zugangs zu ihrem Werkbestand, und unentgeltlich oder nur gegen ein die Kosten der Digitalisierung und Zurverfügungstellung deckendes Entgelt erfolgt, und
2.wenn das Werk in die Sammlung einer berechtigten Einrichtung aufgenommen wurde und entweder
a)in Form von Büchern, Fachzeitschriften, Zeitungen, Zeitschriften oder in sonstiger Schriftform veröffentlicht wurde, wobei auch Werke oder Schutzgegenstände umfasst sind, die in solche schriftlichen Werke eingebettet oder eingebunden sind, oder
b)auf einem Schallträger oder in Laufbildern festgehalten ist, und
3.wenn das Werk in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums
a)erschienen (§ 9) ist oder,
b)wenn es nicht erschienen ist, mit Einwilligung des Berechtigten erstmals gesendet wurde, oder,
c)wenn es weder erschienen ist noch gesendet wurde, mit Einwilligung des Berechtigten durch die Einrichtung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde und anzunehmen ist, dass sich der Rechteinhaber der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung nicht widersetzen würde, und
4.soweit und solange
a)in Österreich nach sorgfältiger Suche keine zur Gestattung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung berechtigte Person festgestellt oder ausfindig gemacht werden konnte und die Ergebnisse dieser Suche dokumentiert und an die Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften weitergeleitet wurden, oder
b)in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR das Ergebnis der sorgfältigen Suche im Sinn der Richtlinie 2012/28/EG in der vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingerichteten Datenbank erfasst ist.

(2) Öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmer dürfen Vervielfältigungstücke von einem auf einem Schallträger oder in Laufbildern festgehaltenen Werk unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1, 3 und 4 herstellen und diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, wenn das Werk im Auftrag dieses oder eines anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmers vor dem 1. Januar 2003 hergestellt und in das Archiv einer dieser Rundfunkunternehmer aufgenommen wurde.

(3) Zur Feststellung, ob ein Werk verwaist ist, haben die berechtigten Einrichtungen vor dessen Nutzung sorgfältig nach der zur Gestattung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung des Werks berechtigten Person zu suchen. Dabei haben sie geeignete Quellen nach Treu und Glauben zu konsultieren. Geeignet sind zumindest die im Anhang der Richtlinie 2012/28/EU angeführten Quellen. Der Bundesminister für Justiz kann durch Verordnung die Quellen für die einzelnen Kategorien von Werken bestimmen, die im Rahmen der Suche zu konsultieren sind.

(4) Die Suche ist in Österreich durchzuführen, wenn das Werk in Österreich erschienen ist oder zuerst gesendet wurde. Bei Filmwerken ist die Suche in Österreich durchzuführen, wenn deren Hersteller seine Hauptniederlassung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Bei nicht erschienenen oder gesendeten Werken ist die Suche in Österreich durchzuführen, wenn die Einrichtung, die das Werk mit Zustimmung des Rechteinhabers öffentlich zugänglich gemacht hat, in Österreich belegen ist. Bei Hinweisen auf relevante Informationen zu Rechteinhabern in anderen Ländern sind auch verfügbare Informationsquellen in diesen anderen Ländern zu konsultieren.

(5) Die Suche nach Abs. 4 ist in einem Protokoll zu dokumentieren. Dieses Protokoll ist für die Dauer der Nutzung und für einen Zeitraum von sieben Jahren nach deren Beendigung aufzubewahren. Folgende Informationen sind an die Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften weiterzuleiten:
1.die genaue Bezeichnung jener Werke, die nach den Ergebnissen der Suche als verwaist anzusehen sind;
2.die Art der Nutzung dieser Werke durch die Einrichtung;
3.den Umstand, dass eine Person nachträglich festgestellt oder ausfindig gemacht werden konnte, die zur Gestattung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung berechtigt ist;
4.die jeweiligen Kontaktangaben der betreffenden Einrichtung.
Die Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften hat diese Informationen unverzüglich nach deren Erhalt an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt zur Veröffentlichung in der von diesem geführten Online-Datenbank weiterzuleiten.

(6) Sobald eine Einrichtung Kenntnis von der Identität und dem Aufenthaltsort einer zur Gestattung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung berechtigten Person erlangt, hat sie jede weitere Nutzung des verwaisten Werks ohne deren Zustimmung unverzüglich einzustellen. Für die vorherige Nutzung hat die Einrichtung auf Verlangen des Berechtigten eine angemessene Vergütung zu leisten. Bei Bemessung der Höhe der Vergütung ist davon auszugehen, dass das Werk in demjenigen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des EWR genutzt worden ist, in dem die das Werk nutzende Einrichtung belegen ist. Der Anspruch auf die Vergütung verjährt in zehn Jahren ab der Nutzung des Werks.
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Kommentare

Von: Mope
◷ 12 Januar
(vor 6 Jahren)

Diese Regelung finde ich durchaus gut! So werden Werke, nach einer fairen Suche eine berechtigten Person, für die Welt brauchbar und verstauben nicht im Verborgenem.



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